Gesetzesbegründung zu § 9 LkSG

Zu § 9 (Mittelbare Zulieferer)

§ 9 verankert die Sorgfaltspflichten eines Unternehmens in Bezug auf die Risiken beim mittelbaren Zulieferer.

Zu Absatz 1

Das Unternehmen muss das Beschwerdeverfahren nach § 8 so einrichten, dass es Personen, die durch wirtschaft- liche Tätigkeiten eines mittelbaren Zulieferers in einer geschützten Rechtsposition verletzt sein können sowie Personen, die Kenntnis von einer möglichen Verletzung oder einem möglichen Verstoß gegen eine umweltbezo- gene Pflicht haben, ermöglicht, auf diese Verletzung hinzuweisen.

Zu Absatz 2

Das Unternehmen muss das Risikomanagement nach § 4 so anpassen, dass das Unternehmen die in Absatz 3 genannten Pflichten erfüllen kann.

Zu Absatz 3

Von einer substantiierten Kenntnis ist auszugehen, wenn dem Unternehmen tatsächliche Anhaltspunkte vorlie- gen, die eine menschenrechtliche oder umweltbezogene Verletzung bei einem mittelbaren Zulieferer möglich erscheinen lassen – etwa über das Beschwerdeverfahren gemäß § 8, über eigene Erkenntnisse, über die zustän- dige Behörde oder aber durch andere Informationsquellen. In diesen Fällen hat es Maßnahmen gemäß den Num- mern 1 bis 4 einzuleiten. Tatsächliche Anhaltspunkte können zum Beispiel Berichte über die schlechte Men- schenrechtslage in der Produktionsregion, die Zugehörigkeit eines mittelbaren Zulieferers zu einer Branche mit besonderen menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken sowie frühere Vorfälle beim mittelbaren Zu- lieferer sein. Die Maßnahmen sind unverzüglich und anlassbezogen, das heißt bezogen auf die konkrete mögli- che Verletzung, durchzuführen.

Substantiierte ist die Kenntnis, wenn dem Unternehmen überprüfbare und ernst zu nehmende Informationen über eine mögliche menschenrechtliche oder umweltbezogene Verletzung bei mittelbaren Zulieferern vorliegen. Dies können auch Informationen über Risiken in einer bestimmten Region sein, in denen ein Unternehmen oder mehrere Zulieferer tätig sind.

Zu Nummer 1

Das Unternehmen hat bezogen auf die mögliche Verletzung eine Risikoanalyse gemäß § 5 durchzuführen. Dazu gehört auch die angemessene Gewichtung und Priorisierung eines identifizierten Risikos.

Zu Nummer 2

Bezogen auf die identifizierten und priorisierten Risiken hat das Unternehmen angemessene Präventionsmaßnah- men gegenüber dem mittelbaren Zulieferer, der das Risiko verursacht hat, zu ergreifen. Bei der Wahl der Maß- nahmen hat es einen Ermessenspielraum, sollte sich aber an den Vorgaben des § 6 orientieren.

Zu den geeigneten Präventionsmaßnahmen kann gehören, gegenüber einem mittelbaren Zulieferer zu verdeutli- chen, die menschenrechtsbezogene Erwartungen und menschenrechtlichen sowie umweltbezogenen Pflichten zu erfüllen. Hilfreiche Grundlage für eine erfolgreiche Kommunikation ist etwa die Übersetzung der entsprechenden Lieferantenkodizes in die geeignete Sprache und deren Veröffentlichung. Wie bei allen Sorgfaltspflichten im Sinne dieses Gesetzes ist auch hinsichtlich des mittelbaren Zulieferers das Prinzip der Angemessenheit nach § 3 Absatz 2 handlungsleitend. Das bedeutet, dass ein Unternehmen, das von einer möglichen Verletzung Kenntnis erlangt hat, versuchen muss, mehr über das Risiko und seine Ursachen herauszufinden und gegebenenfalls (direkt oder über unmittelbare Zulieferer) den mittelbaren Zulieferer zu kontaktieren, um seine Erwartungen zu verdeut- lichen.

Die Durchführung von Kontrollmaßnahmen bei einem mittelbaren Zulieferer, kommt insbesondere dann in Betracht, wenn dieser – etwa durch eine Weitergabeklausel – vertraglich verpflichtet wurde, den Lieferantenkodex des Unternehmens umzusetzen.

Auch die Unterstützung eines mittelbaren Zulieferers bei der Vorbeugung und Vermeidung eines Risikos kann eine angemessene Maßnahme sein. Dies kann auch dazu dienen, eine Lieferkette mit stabilen Geschäftsbeziehun- gen aufzubauen. In Betracht kommt zum Beispiel die gezielte und langfristige Unterstützung bestimmter mittel- barer Zulieferer, die für das Unternehmen von strategischer Bedeutung sind, um diese als stabile Partner zu etab- lieren. Denkbar ist auch die Unterstützung bestimmter sozialer Projekte in einer Region, die der Stärkung be- stimmter Rechte dienen, wie zum Beispiel Gewerkschaftsfreiheit.

Der Beitritt zu branchenspezifischen oder branchenübergreifenden Initiativen ist ein wichtiges Instrument, um gemeinsam mit anderen Unternehmen risikovorbeugende Maßnahmen zu erarbeiten. Die Initiativen dienen dazu, Vorgaben zu standardisieren, das eigene Einflussvermögen zu vergrößern und durch Synergieeffekte eine Aufwandsreduktion zu erzielen. Da die vorgelagerte Lieferkette häufig aus komplexen und intransparenten Lieferantennetzwerken besteht, ist die Bedeutung kooperativer Ansätze hoch.

Zu Nummer 3

Bezogen auf eine Verletzung, die das Unternehmen nicht gemäß § 7 Absatz 1 mindern oder beenden konnte, hat das Unternehmen ein Konzept zur Minimierung und Vermeidung der Verletzung zu erstellen und umzusetzen. Ziel des Konzeptes ist es Abhilfe zu schaffen.

Die Anforderungen richten sich entsprechend nach § 7 Absatz 2, soweit durch eine Rechtsverordnung gemäß § 9 Absatz 4 nichts Näheres geregelt worden ist.

Zu Nummer 4

Die Grundsatzerklärung gemäß § 6 Absatz 2 ist, wenn Bedarf besteht, entsprechend anzupassen, etwa bezogen auf die festgestellten relevanten Risiken in der Lieferkette (§ 6 Absatz 2 Nummer 2) oder auf die menschenrechts- bezogenen Erwartungen, die das Unternehmen an seine Zulieferer in der Lieferkette hat.

Zu Absatz 4

Absatz 4 enthält eine Verordnungsermächtigung, die Pflichten nach Absatz 3 Nummern 1 bis 4 näher auszugestalten.